Spinobulbäre Muskelatrophie – Kennedy-Syndrom (ICD-10 G12.2)

Historie

  • Erstbeschreibung im Jahr 1968 durch William R. Kennedy
  • Nachweis des CAG-Repeats 1991 durch La Spada & Fischbeck

Ätiologie

  • Degeneration des zweiten Motoneurons
  • Expansion eines Trinucleotid-Polymorphismus (CAG-Triplett) im Gen des Androgenrezeptors
    • Bei Gesunden 10-36 Tripletts
    • Bei Erkrankten über 40 Tripletts
    • Antizipationen über Generationen durch Verlängerung des CAG-Repeats
    • Früheres Erkrankungsalter je höher die Zahl der Tripletts

Epidemiologie


  • Isoliertes Auftreten bei Männern durch x-chromosomale Vererbung.
  • Häufigste spinale Muskelatrophie
  • Inzidenz  ca. 1:35.000-50.000
  • Erkrankungsalter meist  zwischen und 3. und 4. Dekade


Genetik



Symptome

  • Initial häufig unspezifische Symptomatik
  • Muskelschmerzen
  • Verstärkte Ermüdbarkeit
  • Geminderte körperliche Belastbarkeit
  • Muskelatrophie
  • Muskelkrämpfe
  • Ubiquitäre Faszikulationen (Auch Gesichtsmuskulatur!)
  • Langsam progrediente Paresen insbesondere der stammnahen Muskulatur
  • Schultergürtel, Hüft- und proximale Beinmuskulatur
  • Dysarthrie, Dysphagie
  • posturaler Tremor und Tremor der oberen Extremitäten
  • Androgen Insensitivitäts-Syndrom (AIS)
    • Hodenatrophie
    • Infertilität
    • Gynäkomastie (ca. 50%)
    • Gel. erektile Dysfunktion
  • Leichte Sensibilitätsstörungen
  • Gel. begleitender Diabetes mellitus

Besonderheiten bei der klinischen Untersuchung

Inspektion

  • Muskelatrophie
  • Gynäkomastie
  • Faszikulationen
    • Ubiquitär
    • Auch im Gesicht
  • Zittern des Kinns („Quivering chin“)

Neurologische Untersuchung

  • Muskeleigenreflexe abgeschwächt
  • Negative Pyramidenbahnzeichen
  • Leichte distal betonte Sensibilitätsstörung

 

Diagnostik

 

Elektrophysiologische Diagnostik

  • Elektromyographie
    • Nachweis einer floriden und chronischen Denervierung
  • Motorische und sensible Neurographie
  • Motorisch evozierte Potenziale (MEP)
    • Normale kortikale Latenzen (DD ALS) (Link)

Labor

  • Erhöhte Kreatinkinase im Serum (leichte Erhöhung)
  • Reduktion des Serumandrogenspiegels
  • Gendiagostik
    • Nachweis des CAG-Repeats

Bildgebung

  • Eventuell Kernspintomografie der spinalen Achse

Therapie

  • Keine kausale Therapie bekannt
  • Physiotherapie
  • Logopädie

Verlauf

  • Langsam progredienter Verlauf
  • Lebenserwartung normalerweise kaum herabgesetzt
  • Gehfähigkeit lange erhalten

Differenzialdiagnose