Fazioskapulohumerale Muskeldystrophie (ICD-10 G71.0)
Muskeldystrophie Typ Landouzy-Déjérine
- Erstbeschreibung durch Louis Landouzy und Joseph Déjérine 1884
Ätiologie
- Autosomal dominanter Erbgang Genlocus im telomeren Bereich Chromosom 4q35 (siehe Neurogenetik)
- Gendefekt konnte och nicht nachgewiesen werden
- Assoziation zu Kpn1-Deletionen im D4Z4-Locus
- EcoR1-Fragmentgröße < 38 kb (<11 Kopien), in Normalbevölkerung (11-150 Kopien)
Epidemiologie
- Prävalenz 1:20000
- Dritthäufigste genetische Muskelerkrankung
- Bis zu 30% durch Neumutation
- Manifestation meist in 2. Dekade
- Infantile Form bekannt, schnellere Progredienz (s.u.)
- m=w
Klinik
- Initial langsam progrediente Schwäche der mimischen Muskulatur und Schulter und proximalen Armmuskulatur (prominenter Befall des M. orbicularis oculi und M. orbicularis oris,)
- Im Verlauf Beteiligung Fußextensoren und Beckengürtel
- Kamptokormie mit Atrophie der paraspinalen Muskulatur möglich
- Beginn häufig asymmetrisch
- Augenmuskulatur, bulbäre Muskulatur und Atemmuskulatur wird in de Regel ausgespart
- Keine Herzbeteiligung (frgl. Einzelfälle)
- Retinale Mikroangiopathie (keine Visusminderung)
- Hochtonschwerhörigkeit
Besonderheiten bei der klinischen Untersuchung
- Inspektion
- Fazies myopathica, Tapir bzw. Schmollmund
- Pectoralisatrophie, horizontaler bzw. seitlich abfallender Stand der Clavicula, Scapula alata, Trapeziushypertrophie
- Pectorailsfalte (Falte zwischen Achsel und Thorax)
- Haltungsanomalien bis zur schweren Wirbelsäulenfehlstellung, Skoliose
- Paradoxe Atmung (Einziehen der Bachdecken bei Inspiration durch Zwerchfellparese)
- Pfeifen, Trinken durch Strohhalm erschwert
- Wimpernzeichen (Signe de Cils)
- Elevation des Schlüsselbeins bei Armelevation
- Reflexabschwächung/-ausfall BSR und TSR, im Verlauf PSR u. ASR
- Beever-Zeichen
- Aufwärtsbewegung des Nabels bei Kopfbeugung im Liegen (durch Schwäche der unteren abdominalen Muskulatur)
- Hackengang erschwert
Diagnostik
- Labor: Normale oder leicht erhöhte Kreatinkinase (bis zu 2fach erhöht)
- EMG: Myopathische Veränderungen
- NLG: normal
- Ev. Muskelbiopsie (Hypertrophe und atrophische Muskelfasern, entzündliche Veränderungen häufig, Mottenfraßnekrosen)
- Neurogenetische Diagnostik (Siehe Neurogenetik)
- Spezifische Untersuchung bei Verdacht (Keine Paneldiagnostik)
Therapie
- Krankengymnastik
- Egotherapie
- Eine spezifischeTherapie besteht nicht
- Eine Einnahme von Kreatin hat keinen Einfluß
Verlauf
- In ca. 20% Rollstuhlpflichtigkeit im Verlauf
- Lebenserwartung nur selten leicht reduziert, meist normal
- Keine Verschlechterung der Erkrankung während der Schwangerschaft
- Bei Auftreten im Kindesalter rasche Progredienz innerhalb der ersten Dekade.
- Intrafamiliäre Ausprägung sehr variabel
Differentialdiagnose
- Gliedergürtel Muskeldystrophie, Scapulo-humerale Muskeldystrophie, Scapulo-peroneale Muskeldystrophie, Becker-Kiener-Muskeldystrophie, Okulopharyngeale Muskeldystrophie, Myotone Dystrophie, Nemaline Myopathie, Central-Core-Myopathie, Myotubuläre Myopathie, Centronukleäre Myopathie, Polymyositis, Spinale Muskelatrophie, Familiäre Pectoralisaplasie, Möbiussyndrom, Sprengeldeformität
Weiterführende Literatur
- <link medien literatur-dvds category muskelerkrankungen-1>Muskelerkrankungen, Stephan Zierz, Felix Jerusalem, Thieme Verlag 2003
- <link medien literatur-dvds category muskelerkrankungen-1>Muskelkrankheiten - Grundlagen, Diagnostik und Therapie, Spuler, Moers, Schattauer 2004